Unser hybrider Start in die Exkursion

14.02.2022

Erste Eindrücke von der digitalen Exkursion zwischen Aso, Studierraum und Oslo

Von Benedikt Schultz, Wilhelm Donko Mann und Stefan Pöllitzer 

Mit dem heutigen Tag endete der zweite Teil des Vorbereitungskurses auf die kommenden Tage. Während ich am ersten Tag vor Ort teilnahm, befand ich mich heute daheim. Wenn ich die beiden Fälle vergleiche, muss ich sagen, dass die Einfachheit, mit der man auf Informationen zugreifen kann – beispielsweise das Nachschlagen von Vokabeln – von daheim bei weitem angenehmer verläuft. Gleichzeitig kommt es natürlich immer wieder zu Einschränkungen wie etwa, dass man nicht alles, was vor Ort gemacht wird, sehen kann.

Der erste Tag war ziemlich geladen, gefüllt mit theoretischen Inhalten. So beschäftigten wir uns zunächst ausführlich mit den Problemen der Commons (Ressourcen, die gemeinschaftlich genutzt werden), die wir mithilfe eines Spielzeugmodells diskutierten. Commons sind für die Aso-Region ein sehr relevantes Thema, denn es gibt viele gemeinschaftlich genutzte Weideflächen, die von Weidegenossenschaften (bokuya kumiai) verwaltet werden. Danach ging es noch daran, japanischsprachige Texte zu überfliegen und auch deren Inhalte zu besprechen. Zwischendurch trainierten wir auch einige keigo-Floskeln, um uns besser auf die Interviews vorzubereiten. Vor allem nach den theoretischen Teilen war ich dann aber sehr erschöpft – verglichen mit gestern ging heute alles wie von selbst!

Der Samstag startete mit einer Recherche zu den verschiedenen Gemeinden, aus denen sich die Aso-Region zusammensetzt, als Online-Teilnehmer bildete ich mit den beiden anderen online Teilnehmenden eine Gruppe und wir nutzten in der Vergangenheit gesammeltes Forschungsmaterial, e-Stat und andere Websites, um uns ein Bild von den Orten Nishihara-mura und Takamori-machi zu malen. Im Anschluss daran, beziehungsweise an die Mittagspause (das gekochte Essen ist natürlich ein unschlagbarer Vorteil der Remote-Teilnahme), arbeiteten wir dann kurze Übersichten zu verschiedenen historischen Epochen der japanischen Geschichte aus, hauptsächlich zur Vorbereitung auf ein Event, welches am Montag stattfinden wird. Hier sind wir auch auf einige Aspekte gestoßen, die für die Geschichte Asos und die soziale Organisation dort relevant sind. Zum Schluss erhielten wir als Gruppen Zeit, um uns untereinander auf Montag vorzubereiten, unsere geplanten Fragen zu besprechen und uns generell für die kommende Zeit zu organisieren – auch hier eine interessante Erfahrung, besonders für mich, da ich per Zoom mit den beiden Kolleginnen besprach, großteils ohne akustische Verständigungsprobleme.

Ein sehr interessanter Aspekt, der mir im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Artikeln am Freitag aufgefallen ist, ist die These, dass im Aso-Raum durch Veranstaltungen, Bräuche beziehungsweise Traditionen Zusammenhalt geschaffen wird. Dieser zeigte sich zum Beispiel nach dem Kumamoto-Erdbeben von 2016 in Form von besonders starker Resilienz und schnellem Wiederaufbau. Daraus folgt natürlich die Frage, wie es jetzt mit diesem Zusammenhalt aussieht, wenn ein Großteil dieser sozialen Aktivitäten nicht mehr stattfinden kann – würde der Zusammenhalt in der Krise der Pandemie ebenso gut funktionieren wie damals?

Als einziger Teilnehmer, der bisher sowohl vor Ort war, als auch von daheim aus teilgenommen hat, finde ich zwar, dass beides seine Vorteile hat, man aber mit Sicherheit vor Ort uneingeschränkter teilnehmen kann.

Ich habe die ersten zwei Tage komplett als Online-Teilnehmer wahrgenommen. Nicht weil ich dies wollte, sondern weil mein Flug zurück von Norwegen nach Österreich gestrichen wurde und ich keine frühere Alternative in so kurzer Zeit organisieren konnte. Dennoch ist diese kuriose Situation, dass man eben Feldforschung für die ländliche Aso-Region von einem Studienraum von Wien aus im Endeffekt online über einen Laptop in Oslo betreibt, ein Sinnbild unserer einzigartigen Zeit während der Pandemie. Um den kuriosen Umständen zu trotzen, kann ich mir wohl gleich eine Scheibe bei den Leuten der Aso-Region abschneiden, denn diese haben sich besonders immer wieder nach den zahlreichen Krisensituationen als äußerst optimistisch und resilient gezeigt (ein Thema, dem die Tourismus-Gruppe im Laufe der nächsten zwei Wochen noch genauer auf den Grund gehen will). Und tatsächlich, es mag zwar etwas witzig klingen, aber Feldforschung in Aso ist auch über solche zwei Ecken möglich, denn ich konnte aufgrund des hochwertigen Mikrofons im Studienraum in Wien auch in Oslo so gut wie alle Diskussionen über Aso wahrnehmen und mich durchaus in die Diskussion einbringen. Es hat nämlich Vorteile, wenn man geschwind kurze Präsentationen am großen Bildschirm erstellen und in Windeseile teilen kann. Nichtsdestotrotz freue ich mich dann doch schon auf den richtigen Kontakt mit meinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort nächste Woche! 

Ich wiederum nahm sowohl Freitag als auch Samstag vor Ort statt. In den Zeiten der Pandemie und online Studium mit höchstens gelegentlichen ein, zwei Stunden vor Ort hier und da hat sich dies als eine nette Abwechslung herausgestellt – wenngleich sich auch schon längst die Gewohnheit eingeschlichen hat, den Weg zur Uni nicht einplanen zu müssen, und dementsprechend etwas länger zu schlafen. Gleichfalls auch ging mir stellenweise mein gewohntes PC-Setup ab, das doch einige gute Eigenschaften aufweist – wie etwa, dass jede Applikation ihren eigenen Bildschirm haben kann, was auf einem Notebook natürlich nicht so ohne Weiteres möglich ist. Allerdings sind diese Dinge nur Kleinigkeiten im Vergleich dazu, wirklich wieder etwas mehr Zeit mit anderen Studierenden (und natürlich den Dozenten) verbringen zu können, und sich wieder etwas mehr als Student zu fühlen.

Etwas, das mir aufgefallen ist, ist, dass die Dynamik anders war, als die zuvor in der Vorbereitung (die natürlich größtenteils online stattfand). So gab es doch merklich weniger Zögern bei Wortmeldungen und Fragen auf Antworten, da man sich keine Sorgen machen musste, durch die Latenz erst zu spät zu bemerken, dass man jemandem ins Wort gefallen ist – und schlimmstenfalls ein paar Mal stockend fortzufahren, bis einer entscheidet, dem anderen das Wort zu überlassen (bzw. zu bemerken, dass man die Stille des anderen nur als solches missverstanden hat).

Die Tage an sich empfand ich doch als recht produktiv. Hierbei stand zuerst am Programm, zu besprechen, wie der Tagesplan aussah (oder auszusehen hatte), und meist noch mindestens eine Abstimmung, wie Dinge eingeteilt werden sollten – sowohl zwischen Personen, als auch zeitlich. Hierbei war ich immer froh, wenn wir sprachlich Japanisches zwischendurch einplanen konnten, da das für mich eine Art Erholpause darstellte. Da ich es nicht gewohnt bin, meinen Tag so kompakt einzuteilen und Pausen dementsprechend kurz zu halten, waren diese Tage doch recht anstrengend und die Pausen notwendig und sehr geschätzt. Hierbei war es auch sehr interessant, zwischenzeitlich immer wieder die anderen Teilnehmer*innen zu beobachten, und festzustellen, wie verschieden ausgeprägt die Stärken der jeweiligen Personen sind. Übrigens auch ein weiterer Vorteil der Teilnahme vor Ort; man kann sich gegenseitig wirklich einfach und schnell helfen, da es keine örtliche (und – durch Latenz – zeitliche) Grenze zwischen einander gibt.

Im Großen und Ganzen ist es doch sehr anstrengend, und es wird über die nächsten zwei Wochen wahrscheinlich noch anstrengender werden. Allerdings kann ich ebenso überzeugt sagen, dass es eine Erfahrung ist, die sich sicher in einigen Hinsichten lohnen wird.

Commons-Simulation. Foto: Benedikt Schultz

Das Hauptquartier. Bild: Benedikt Schultz

Remote-Arbeitsplatz. Bild: Benedikt Schultz

Aso-Feldforschung aus Oslo. Bild: Wilhelm Donko Mann